Königstag auf der Ostoder
27.04.2023Wie wir gestern in Schwedt erfahren haben, ist die Schleuse Hohensaaten West auf Grund von Reparaturarbeiten eine halbe Tagesreise voraus, geschlossen. Das bedeutet für uns, dass wir auf die Ostoder wechseln müssen. Glücklicherweise ist das etwa eine Meile nordöstlich von Schwedt durch die Schwedter Querfahrt möglich. Für uns bedeutet das 5 Kilometer weiter zu fahren. Als Tagesziel gibt es mehrere Möglichkeiten. Der einzige Nachteil ist, dass wir mindestens 3 Knoten Gegenstrom haben werden.
Die Oder ist ein sehr dynamischer Fluss. Der Wasserstand ist etwa 1,7 m höher als im Herbst. Es verspricht ein langer Tag zu werden und wir werden die Oder wieder in ihrer wilden Pracht sehen. Wir haben heute zwei Schleusen und ein Schiffshebewerk auf unserer Liste und die Landschaft wird sich zweimal von wild über mittelwild bis sehr kultiviert verändern.
Vor allem aber ist heute der Geburtstag des niederländischen Königs Willem Alexander. Und weil wir traditionell die Flaggenleine für die große Party im Museumshafen hissen, haben meine beiden Matrosen die Anweisung, das Gleiche auf der Antilope zu tun. Bei abgesenktem Mast ist das nicht so dramatisch. Wir beschränken uns auf das Vordeck. Die beiden Männer verstehen meine Begeisterung für diesen Feiertag nicht. Aber das ist auch nicht nötig. Es sieht einfach schön aus und ich erzähle ein paar Geschichten vom großen Volksfest in den Niederlanden.
In der Schwedter Schleuse werden wir herzlich empfangen. Wir sind heute wahrscheinlich die Einzigen. Die Schleuse weist noch immer das authentische Taludprofil auf, mit dem sie gebaut wurde. Wir machen an zwei Dalben fest. Der Schleusenwärter ist stolz, uns mitnehmen zu dürfen und wir haben Zeit, ein paar Worte zu wechseln. Ein paar Kilometer geradeaus und dann fahren wir auch schon auf dem großen Oststrom der Grenzoder.
Als ich im Herbst Stromabwärts die Oder hinunter fuhr, war ich enttäuscht, dass der Fluß, auf den ich so lange gewartet hatte, so schnell vorbei war. Schließlich nutzt man beim Fahren den Strom des herabfließenden Wassers. Doch das Genießen aller Eindrücke an einem Tag erwies sich schnell als etwas Achterbahnfahrt durch die hohe Fließgeschwindigkeit...
Umso mehr freue ich mich nun, dass wir wieder die Chance bekommen auf der Oder zu fahren. Diesmal geht es den Berg hinauf ins Oderberger Land. Wir kriechen buchstäblich nach oben. Der Motor dreht ziemlich hoch und unsere Höchstgeschwindigkeit liegt hier bei gerade 3,5 Knoten. Ich schätze, wir haben einen Gegenstrom von 3-4 Knoten. Im Unterlauf des Flusses geht es noch. Doch bald beginnt die Oder zu meandern und wir müssen der Fahrrinne eine Zeit lang folgen.
Eine Schafherde hält das Gras auf dem Deich kurz. Ein Fuchs schaut uns mitten am Taghinterher und unterbricht seine Trinkpause am Ufer. Gelegentlich kreist ein Adler neben uns. Der Fluss ist jetzt viel breiter als im Herbst. Drei Kajakfahrer kommen uns entgegen. Das ist der einzige Gegenverkehr, den wir haben und wir genießen diese Bild.
Die Schleuse in Hohensaaten steht uns offen. Ohne Gegenstrom hätten wir drei Stunden gebraucht. Es waren fünf Stunden gegen den Strom, die wir für diese Strecke brauchten. Hinter der Schleuse wird es ruhiger und wärmer. Wir lassen das Oderberger Land hinter uns. Der Yachthafen hier hätte ein Zwischenstopp für die Nacht sein können, aber am Samstag wollen wir auf der Havel sein. Wir fahren also weiter und hoffen, dass die Wartezeit an den Schiffshebewerken kurz ist.