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Unterwasserspundwand

04.06.2023

Dieses Wochenende - so steht es auf unserer Liste - liegen wir still. Wir wollen in einem der alten Flussarme ankern. Und wenn möglich möchten wir einen ganzen Tag und zwei Nächte bleiben. Das Wetter verspricht schön zu werden. Die Flussarme sind Reste des alten natürlichen Flussbettes der Ems. Auch hier wurde natürlich schon vor der Kanalisierung Fracht transportiert. Deshalb findet man hier und dort Reste alter Spundwände, vermutlich aus Holzpfählen.

In meiner Vorstellung sind die Flussarme an der Ems genauso breit wie an der Weser. Wie bereits erwähnt, ist es nicht so, wie es im Buche steht und schon lang nicht so, wie in unserer Vorstellung. Die alten Flussarme sind schmal. Wenn sich die Antilope mit gelegtem Mast einmal ganz um die Ankerkette drehen kann, die übrigens gerade nach unten geht, dann ist der Flussarm breit. Da die Flussarme nicht mehr für die Handelsschifffahrt genutzt werden, wuchern Bäume und Büsche an den Ufern. Eventuell vorhandene alte Holzpfahlspundbohlen verrotten und versanden.

Für Sportboote sind die Flussarme zur Erholung geöffnet. Allerdings scheint dieser touristische Zweig hier auch ausgestorben zu sein. Bei Kilometer 193 finden wir einen Flussarm, der bis zum Wehr etwa 7 km lang ist. Wir können uns nicht auf unser Buch verlassen. Wir fahren 1 km ein und schauen uns mal um - das klappt.

Zum Glück steht da ein Herr bis zu den Knien im Wasser. Er zeigt seinen Enkelkindern, wie man fischt. Er ruft etwas. Über Spundwände und wo es flach ist und wo nicht. Da... Dort können wir ankern.

Ich denke darüber nach, was er gesagt hat, und schaue mich um. Es ist breit genug. Für Sonntag ist kein Sturm vorhergesagt. Die Bäume bieten Schutz vor Wind, der stärker ist als eine sanfte Brise. So wirft Gloria den Anker und wir gieren von Samstagabend bis Montagmorgen drum herum. Zeit für gutes Essen, Ruhe und ein spannendes Buch. Und dann kann man hier auch schwimmen. Abgesehen davon, dass am Sonntag zwei Kanufahrer vorbeikommen, bleibt es das ganze Wochenende über ruhig.

Montagmorgen nehmen wir uns Zeit für unsere Abreise. Noch zwei Schleusen und dann müssen wir mit der Strömung auf der Ems zu Tal. Anhalten ist dann keine Option mehr. Wir beschließen, 10 km weiter zu fahren und versuchen erneut, im letzten Flussarm zu ankern.

Ankern hoch also, am Montagmorgen! Es ist 11:00 Uhr. Am Anfang geht es sehr schwer. Für einen Moment bin ich sicher, dass wir in etwas stecken geblieben sind. Wir lassen den Anker erneut fallen und holen ihn aufs Neue hoch.

Danach geht es etwas leichter. Als der Anker endlich in Sicht kommt, sehen wir bereits das Problem: Die Ankerkette hat sich einmal um den Stock gewickelt.

Zweimal lassen wir den Anker wieder herab, während einer von uns versucht, die Ankerstange mit dem Bootshaken senkrecht zu halten. Wir scheitern. Das Schiff treibt bereits. Ruhig, aber ich möchte trotzdem nicht, dass der Mast in den Bäumen hängt. Ich denke mir, wenn wir beide den Anker noch zweimal herunter lassen und ihn wieder hochziehen müssen, dann sind wir kaputt. Aber auch das Fahren mit baumelndem Anker bis zum Wattenmeer ist keine Option. Sicherlich nicht auf der schnell fließenden Eems... Kurz mal nachdenken!!

Dann höre ich wieder den Herrn vom Freitag in meinem Kopf rufen 'Hier ist die Spundwand. Dort ist es tief, aber hier, hier, wo ich stehe...‘ Das ist unsere einzige Option! Glücklicherweise ist der Wasserstand am Fluss dynamisch und morgens meist etwas höher als abends; wahrscheinlich, weil es nachts keine Schleusungen gibt.

Jetzt ist es Morgen. Eine gute Chance, dass wir mit der Nase im Sand landen. Vorsichtig nähern wir uns dem seichten Wasser. Ich habe keine Ahnung, was für eine Spundwand es in so einem Flussarm geben muss.

Zum Glück ist es eine Sandschwelle. Sanft fahren wir dagegen, die Schwerter ganz nach unten. Obwohl die Schwerter den Boden nicht berühren, liegen wir dadurch dennoch recht still.

Ich steige über die Leiter aus vom Vorschiff ins untiefe Wasser. Auf dem Sand zu laufen geht, wenig Modder.

Ich renne mit einem Tau in der hand um den nächtsen Baum. Wenn ich Gloria allein an Bord lasse und sie weg treibt, bin ich verloren und sie auch. Ich sage es ihr nicht. Einfach festmachen! Dann können wir uns den Anker ansehen. Nur durch Zusammenarbeit können wir den Anker ins seichte Wasser bringen. Innerhalb von zwei Sekunden ist die Kette frei.

Das macht unser Abenteuer auf der DEK doch noch sehr abenteuerlich.

Wir fahren 10 km weiter zu einer weiteren alten Flussmündung.