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Stettin - Schwedt

26.04.2023

Gegen 12:00 Uhr haben wir Stettin hinter uns gelassen und fahren wieder durch die Wildnis. Vor uns liegt das größte deutsch-polnische Naturschutzgebiet: der Nationalpark unteres Odertal. Es ist sumpfig zwischen Ost- und Westoder. Viele alte Wasserwege führten im Laufe der Geschichte von einem Ost- nach West-Oder, von einem Wasserweg zum anderen. Davon sind heute nur noch zwei Querverbindungen offiziell nutzbar. Eine verläuft südlich von Stettin und eine andere durchquert die Sümpfe bei Schwedt und verbindet Ost mit West auf einem Nebenfluss der Oder durch eine historische Schleusenanlage.

Das Gebiet zwischen Ost- und Westoder kann nur unmotorisiert mit Kanu oder Kajak besucht werden. Dieses Gebiet ist eines der größten Schutzgebiete für Vögel. Tagsüber kann man hier Adler beobachten, wie sie am Flussufer trinken und andere Greifvögel sehen, wie sie jagen.

Die Sonne scheint fast den ganzen Tag. Es fühlt sich immer noch nicht warm an, weil der Fahrtwind uns ständig kühl hält. Die Bäume wollen noch nicht so richtig grün werden, aber die ersten bunten Blumen in den Dörfern, an denen wir vorbeikommen, wecken ein frühlingshaftes Gefühl in uns.

Schön, wenn wir Schwedt heute erreichen. Wir haben uns noch keinen Platz für die Nacht ausgesucht. Es wird bis irgendwann heute Nachmittag dauern, bis wir beschliessen, wo wir festmachen können. Wir haben Zeit und mindestens eine Person hat immer die Hände frei für den Abwasch oder ein schönes Mittagessen. Auch wenn ich herunterrufe, wie die Männer das oder das kochen sollen.

Irgendwann am Nachmittag fühle ich mich plötzlich müde und hab das Motorengeräusch satt. Auf der Karte lesen wir, dass eines der Dörfer, an denen wir vorbeikommen, im Zweiten Weltkrieg als Frontlinie eingenommen wurde. Viele Brücken wurden in dieser Zeit zerstört, um die deutsche Grenze auf diese Weise zu schützen. Das Dorf Mescherin wurde inzwischen wieder aufgebaut, scheint aber ausgestorben zu sein.

Wir beschließen, hier für eine halbe Stunde anzulegen und spazieren zu gehen. Plötzlich ist es nicht mehr so kalt und Kaffee und Kuchen in der Sonne, begleitet nur von der Ruhe der Natur und einem neugierigen Besucher tun eben gut. Als wir uns aufgewärmt haben, fahren wir weiter und folgen dem Wasser stromaufwärts.

Der Tag geht ohne besondere Vrokommnisse weiter. Nach einer kleinen Suche nach Liegeplätzen für Schiffe unserer Größe werden wir beim Wassersportverein in Schwedt empfangen, wo der Hafen noch völlig leer ist. Dieser Platz im Grünen ist unser Glück. Kann uns die Dame an der Rezeption doch mitteilen, dass die Schleuse von der Westoder zur Havel-Oder-Wasserstraße noch bis zum 12.05.2023 geschlossen ist.

Ich möchte erst später darüber nachdenken, was das für die Weiterfahrt bedeutet. Heute Abend arrangiert Norman Pizza auf meinem klapprigen Faltrad, das viel zu klein für ihn ist. Ich genieße die Freundlichkeit und Gastfreundschaft hier in Schwedt, die seit jeher leider voller Vorurteile und negativer Nachrichten ist. Das Gegenteil wird uns gezeigt.