Nebel
25.10.2022Von allen Dingen, die mich davon hätten abhalten können weiter zu fahren, habe ich am wenigsten mit Nebel gerechnet. Aber wenn das Wasser abkühlt, ist Nebel ein sehr häufiges Wetterphänomen. Zum Glück folgt die Mannschaft meinen Anweisungen.
Der Hafenmeister hat warme Brötchen für uns zum Frühstück geregelt und weil sich das Verschwinden des Nebels so überhaupt nicht voraussagen lässt, frühstücken wir am warmen Kachelofen. Der Wassertank wird aufgefüllt, das Nötigste für unserer Weiterfahrt arrangiert.
Als sich der Nebel in der Marina lichtet, wollen wir los. Es ist jetzt 10:00 Uhr. Wir sind mittlerweile bekannt für unsere exakten Hafenmanöver zwischen all den teuren Yachten. Auch dieses Mal gelingt uns die kollisionsfreie Rückwärtsausfahrt aus dem Hafen. Team Antilope arbeitet Hand in Hand!
Ich sehe den Kanal als erstes, da ich auf dem Achterdeck stehe und in die Fahrrinne einfahre. Das Desaster ist nicht weit: Der Nebel in der Marina hat sich verzogen, aber der Kanal hängt voller dicker Wolken. Zum so-und-so-vielsten Mal bin ich froh, dass ich verpflichtet ein Schiffshorn an Bord haben muss.
Marla, unser jüngstes Crewmitglied, wächst schnell zur Offizierin am Nebelhorn heran. Innerhalb kurzer Zeit lernt sie, dass sie einmal pro Minute einen langen Tuuuuuut abgeben muss. Anfangs ist es gewöhnungsbedürftig. Wir können das Ufer sehen und uns daran halten – so weit Steuerbord wie möglich fahren. Aber wir wissen nicht, wie weit wir wirklich sehen können.
Der Wald hat etwas märchenhaft Gruseliges..
Erst als wir nach zwei Stunden Gegenfahrt von einem polnischen Binnenfahrtschiff haben, sehen wir, dass fahren im Nebel möglich ist. Man kann die Gegenfahrt deutlich sehen, wenn sie denn da ist. Aber wenn niemand zu sehen ist, kann man sich ganz schön orientierungslos fühlen.
Wir hoffen, dass sich der Nebel verzogen haben wird, wenn wir heute Nachmittag mit dem Schiffshebewerk 36 m nach unten fahren. Die Sonne kommt langsam durch und wir haben mehrere Kilometer weit gute Sicht. Doch kurz vor dem Schiffshebewerk schließt sie sich wieder.
Ich bin froh, diese Strecke einmal bei besserem Wetter gefahren zu sein. Ich weiß, wo der Wartesteg Sport für die Antilope ist, und ich gebe regelmäßig über UKW an, wohin ich fahre. Drei Kilometer vor dem Lift bekomme ich über Funk die Antwort: „Es kommt kein Gegenverkehr“.
Zufälligerweise hören wir auch ein Gespräch zwischen einem anderen Schiff und dem Schiffshebewerk mit. "Der Nebel ist unten genauso dicht wie oben..." Unsere Hoffnung auf eine bessere Sicht schwindet.
Ich finde es momentan keine gute Idee, bei schlechter Sicht in ganz fremde Gewässer zu fahren.
Aber noch sind wir ja nicht dort...