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Gertrud & Peter

30.09.2022

Etwas später am Tag dürfen wir neben Gertrud und Peter festmachen, wie wir es kennen – Schwertkopf an Schwertkopf. Mitten in der Stadt liegen wir neben der Schleuse Mühlendamm. Die morgendliche Stille Berlins ist nun verflogen und der Lärm von Straße und Schleuse machen sich breit. Ein Ausflugsschiff nach dem anderen fährt durch die Schleuse zum Reichstag und all den anderen Sehenswürdigkeiten, die erst morgen auf unserem Programm stehen. 

Wir sind etwas müde. Die ersten Kilometer durch die Stadt haben Spaß gemacht, aber wir sind mit dem ersten Licht des Tages losgefahren. Bienenschwarm und die unbekannten Gewässer erforderten mehr Aufmerksamkeit und Energie als erwartet.

Wir machen einen Spaziergang durch einen Teil der Stadt, den ich noch nie gesehen habe. Die Sonne wärmt. Das Eis lecker. Aber ich bin ein bisschen desillusioniert nach so vielen Wochen voller Ruhe auf dem Wasser. Das ist der Berliner Charme, denke ich bei mir.

Wie ich die Niederlande vermisse.

Wieder an Bord haben wir Gelegenheit, Peter kennen zu lernen, den Besitzer der Klipperaak Gertrud. Auf dem Hinterdeck halten wir ein kleines Palaver unter Skippern. Gertrud wurde 1910 in Meppel gebaut, aber Peter ist seit 30 Jahren Eigner und hat einiges dazu beigetragen, dass das Schiff noch immer segelt.

Peter erzählt, dass er den alten Frachtraum zu einer fahrenden Buchdruckerei umgebaut hat. Natürlich druckt er Bücher auf traditionelle Weise. Etwas neugierig fragen wir, ob wir uns das mal anschauen dürfen. Peter hat vermutlich etwa 100 Sätze Blei- und Holzbuchstaben, historische Pressen und umfangreiche Handwerkzeuge an Bord. Es gibt vier bis sechs Arbeitsplätze zum Setzen und Drucken von Buchstaben oder zum Buchbinden an Bord. Im Laderaum hängen viele typografische Plakate, Beispiele und gestaltete Texte zu zeitgenössischen Themen.

Staunend verfolgen wir Peters Tour und seine Geschichten. Was für eine besondere Kunst steckt in Gertrud's Casco... Peter zeigt uns einige seiner jüngsten Arbeiten, ein Buch über die letzten Buchstabenmacher Deutschlands und ein Memory-Spiel. 

Besonders beeindruckt bin ich von den historischen Schriften, die mich an die Amsterdamer Schule erinnern.

Ich bin froh, einen so einzigartigen Ort in Berlin gefunden zu haben, an dem wir herzlich empfangen werden und wo Geschichten übers traditionelles Handwerk, übers Segeln, über Bildung, Philosophie, Handwerk und Kunst ausgetauscht werden, ohne dass man an die Universität muss.

Einmal mehr wird deutlich, dass das eine ohne das andere nicht existieren kann und dass alles möglich ist, wenn wir unserem Herzen folgen.