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Finowkanal - Der älteste Kanal Deutschlands

04.10.2022

Wirklich wahr. Das gibt's! Den ältesten Kanal Deutschlands! Und er war nicht aufgenommen in unserer Planung. Es wird also Route 6A! Auf dem Weg zum Schiffshebewerk sehe ich auf unserer Karte, dass südlich des Oder-Havel-Kanals fast neben dem Kanal, den wir gerade befahren haben, ein weiterer Kanal verläuft, der durch das Schiffshebewerk unterbrochen wird, wo wir uns jetzt befinden:

Der Finowkanal.

Am 1. Oktober stehen Lina und Ludger mit einem breiten Grinsen bei mir an Deck: „Schwesti! Wir bleiben eine ganze Woche bei dir an Bord!“ - 'Ups' denke ich. Denn eigentlich ist Pause. Aber ja... - nach dem Schiffshebewerk muss das Schiff auch für die Pause mit Reparaturen und so weiter auf ein besser zugängliches Gewässer... - da ist eine kleine Crew mit Urlaubsambitionen einfach herzlich willkommen.

Die Entscheidung ist schnell gefällt: Für die Rückfahrt in unsere heimischen Gewässer nehmen wir den Finowkanal – den ältesten noch beschiffbaren Kanal Deutschlands. Seine Geschichte reicht vier Jahrhunderte zurück. Auf einer Länge von ca. 30 km müssen wir 14 Schleusen passieren. Denn die 36 m Höhenunterschied, die wir gestern mit dem Lift in fünf Minuten herunter geschleust wurden, müssen wir auch wieder hoch. Und bevor das Schiffshebewerk gebaut wurde, fuhren hier auch die Frachtkähne ihre Fracht.

Gestern Nachmittag um 16:00 Uhr ging das Abenteuer los: Auf der Brücke der ersten Schleuse stand ein Herr im Holzfällerhemd: „Wo wollt ihr denn heute noch hin?“ - "Rauf in den Kanal!" ist unsere Antwort. "Passt ihr hier überhaupt rein?" hallte es zurück – „Selbstverständlich“, höre ich mich rufen, "Deshalb sind wir hier!!"

Der Schleusenwärter ist wenig enthusiastisch. Immerhin schließen die Schleusen um 16:45 Uhr, und in meiner Vorstellung vom Schleusen sollte das noch klappen.

Ich setzte am Wartesteg Fuss aufs Land und schaute mir die Schleuse an. Der murrende Herr geht mit zwei Kurbeln von alten Winden in den Händen um das Schleusenbecken herum. Dann beginnt mit drehenden Bewegungen die Schleuse zu bedienen. Ein Boot kommt herunter. Mit seinen Bewegungen öffnet sich zuerst ein Teil der Tür, dann der andere. Eine Yacht kam heraus.

"Nun, meine Damen", ruft er, "fahrt mal rein. Überstunden am Feiertag machen nie Spaß, aber ich muss die Schleuse im Oberwasser Wasser stehen lassen über Nacht, bevor ich nach Hause gehe."

Daran hatte ich gar nicht gedacht, natürlich war gestern der 3. Oktober. Ich überlegte kurz und verschwand im Rumpf meines Schiffes. Ich habe noch eine ganze Tasche Tulpenzwiebeln, die ich im Garten in Greifswald diesen Herbst verstreuen wollte, damit der Frühling nächstes Jahr ein bisschen holländisch wird. Ich brauche diese Tulpenzwiebeln nun nicht mehr... Also nehme ich zwei Hände voll. Prinzessin Beatrix war der Name der Tulpe, glaube ich. Eine Schokolade und eine kleine Überstundenvergütung in den Beutel... In Leeuwarden bekommen die Brückenwärter auch etwas, wenn sie von Brücke zu Brücke radeln und für die Schiffe alles manuell bedienen.

Immer noch grummelnd begrüßt uns der Schleusenwärter. Wir fahren fast leise hinein. Mit nur noch 15 cm Luft an Steuer- und Backbord schleichen wir uns in die Schleuse. 

Die genietete Tür hinter uns schließt sich. Es ist eine Art Bajonettschleuse mit rund gemauerten Ecken. Am Eingang steht: Fertiggestellt 1874. Das war die letzte Schleusengeneration vor dem Bau des Schiffshebewerkes. Daneben befindet sich eine ältere Schleuse, die jedoch in ein Wehr umgewandelt wurde.

Alle Schleusen haben hier die gleiche Größe: 43 m lang und 9,60 m breit. Später wurden Finowschuten in diesem Format gebaut. Glück für uns, denn wir passen auch hinein.

Zwei Tage im Bann der Schleusenwärter liegen vor uns..